Österreichischer Palliativtag

Vorwort - 5. Österreichischer Palliativtag

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum 5. Österreichischen Palliativtag laden wir Sie sehr herzlich nach Wien ein. Noch oder vielleicht auch wieder stehen wir unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Zwei Mal wurden Planungen für einen Österreichischen Palliativkongress mit großem Engagement angegangen, der dann aus Vernunft und Vorsicht nicht abgehalten werden konnte. So kommt es, dass wir nun im Herbst – anders als in vergangenen Jahren - eine ganztägige Bildungsveranstaltung der OPG abhalten.

Durch das neue Sterbeverfügungsgesetz ist die Thematik des assistierten Suizids in die Aufmerksamkeit Vieler gerückt. Der Palliativmedizin wurde eine neue Aufgabe zuteil: palliativmedizinische Beratung suizidwilliger Menschen als formal notwendiger Schritt in der Vorbereitung einer Sterbeverfügung. Bis zum September werden schon die ersten Erfahrungen mit den neuen Regelungen gemacht sein. Um wechselseitig diese Erfahrungen austauschen zu können scheint es angebracht, zu fragen: „Wo stehen wir zurzeit?“

Im Sterbeverfügungsgesetz ist eine wissenschaftliche Begleitevaluation verankert, mit der sich ein „Evaluierungsforum“ befasst. So werden wir am Palliativtag den aktuellen Stand aus diesem Forum erfahren können. Viele Organisationen im Gesundheitswesen und in der Langzeitbetreuung haben Stellung genommen zum institutionellen Umgang mit Sterbewünschen. Dahinter stehen Fragen der Organisationsethik und gleichzeitig steht die Reflexion und vielleicht auch Positionierung jeder einzelnen Person an. In einer pluralistischen Gesellschaft sind wir gefordert, vielfältige Einstellungen zu der polarisierenden Thematik des assistierten Suizids respektvoll nebeneinander stehen zu lassen: Gleichmaßen gibt es ein gesellschaftliches Anliegen zur Suizidprävention und auch das Bestreben, die Freiheit des Individuums anzuerkennen.

Auf der Basis der Bewusstheit für die eigene Position und die Organisationshaltung widmen wir uns der Frage, wie unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen Gespräche um Todessehnsüchte geführt werden können: Was steht hinter einer Anfrage um Suizidhilfe? Wie kann Respekt vermittelt werden bei vielleicht divergierenden Ansichten zum assistierten Suizid? Bedeutet palliative „radikale Patient*innenorientierung “ Wunscherfüllung unter allen Umständen?

Am Palliativkongress, der im Frühling nicht stattfinden konnte, war geplant die neuen Palliativpflegeleitlinien vorzustellen. Das wird nun nachgeholt: die wichtigsten Inhalte der ausformulierten Leitlinien werden dargestellt um zur Auseinandersetzung mit dem Dokument einzuladen (link einfügen, wenn es schon öffentlich ist).

Der Entscheidungsfähigkeit der suizidwilligen Person kommt im Sterbeverfügungsgesetz eine besondere Bedeutung zu: „unzweifelhaft“ muss diese gegeben sein, die in anderen Zusammenhängen als gegeben vorausgesetzt wird. Wie gehen die im Gesetz mit der Einschätzung der Entscheidungsfähigkeit beauftragten Berufe mit dieser um? Geht es hier neben der juristischen Frage um eine des Menschenbilds, vielleicht um die philosophische Frage „Freitod“ oder Suizidalität als Symptom einer psychischen Erkrankung?

Das Sterbeverfügungsgesetz fokussiert klar auf die sterbewillige Person. Der Mensch ist psychosozial gedacht allerdings ein soziales Wesen, das immer in vielfältigen Beziehungen steht. Was haben Suizidanliegen also für Auswirkungen auf mitbetroffene Menschen? Sowohl Angehörigen von Suizidwilligen und Hinterbliebenen nach einer Selbsttötung wird unser Blick zugewendet wie auch Professionellen, die mit Sterbewünschen konfrontiert sind.

Um tatsächlich in einen Austausch zur Thematik des assistierten Suizids zu kommen, wird am Schluss der Veranstaltung der Raum zur Diskussion geöffnet: eine Podiumsdiskussion unter den Referent*innen soll sich dann auch den Fragen und Beiträgen des Auditoriums öffnen. Seien Sie ein Teil davon! Wo stehen wir zurzeit? Oder sind wir in Bewegung?  Was nun?

Wir freuen uns auf einen spannenden Palliativtag.

 

OA Dr. Dietmar Weixler, MSc

Präsident der Österreichischen Palliativgesellschaft

Wissenschaftliche Leitung

Dr. Mag. (FH) Angelina Falkner

Palliativsozialarbeit

Dr. Veronika Mosich, MSc

Palliativmedizin

Manuela Wasl, MSc

Palliativpflege

Kongresspräsidium